Für ein gutes und sicheres Radwegenetz im Rhein-Pfalz-Kreis

Positionspapier – 19.03.2018

Immer mehr Menschen nutzen das kostengünstige und klimaschonende Verkehrsmittel Fahrrad. Auch vor dem Hintergrund des Abrisses der Hochstraße Nord ist ein Verkehrschaos zu erwarten, wenn nicht Alternativen zum Motorisierten Individualverkehr gefördert und ausgebaut werden. Dafür bedarf es aber einer guten und sicheren Infrastruktur, um die Akzeptanz des Radverkehrs als Alternative zum Auto zu erhöhen. Nur dann wird das Verkehrsmittel Fahrrad auch tatsächlich dauerhaft im Alltag angenommen. Gleichzeitig trägt eine gute Radverkehrsinfrastruktur auch zu einer positiven touristischen Entwicklung bei.

Rheinland-Pfalz hat sich im Jahr 1979 ein „Großräumiges Radwegenetz“ als landesplanerische Zielvorgabe gegeben, das bisher mehrmals fortgeschrieben wurde. Dieses gilt es, auf regionaler und lokaler Ebene zu verdichten und entsprechend den unten genannten Kriterien qualitativ aufzuwerten. Für den Rhein-Pfalz-Kreis sind zahlreiche Radwege als solche in der online-Karte aufzufinden. Eine Weiterentwicklung dieses Netzes muss auf kommunaler Ebene und im Kreis im Rahmen von qualifizierten Routenfindungen (siehe HBR – Hinweise zur wegweisenden und touristischen Beschilderung für den Radverkehr in Rheinland-Pfalz) vorangetrieben werden. Hierzu ist ein Radverkehrskonzept sowie einE RadverkehrsbeauftragteR eine wichtige Voraussetzung.

Bündnis 90/Die Grünen im Rhein-Pfalz-Kreis stellen aber darüber hinaus fest, dass die Infrastruktur für Radfahrer im Kreis nicht ausreichend ist. Wir sehen in folgenden Bereichen Verbesserungsbedarf und formulieren gleichzeitig Vorschläge zur Verbesserung:

Beschilderung

Insbesondere bei der Beschilderung der Radwege im Kreis gibt es starken Nachholbedarf. Radwege, Ziele und Fernziele sind zu häufig nicht ausgeschildert. Die Beschilderung endet an den Orten und wird im Ort nicht weitergeführt. Herausgehobene Orte, wie touristische Ziele und Bahnhöfe sind nicht ausgeschildert. Im gesamten Kreis bestehen so massive Lücken bei der Beschilderung in übergeordneten Radwegen und regionalen Ergänzungen.

Die Haupt- und Unterziele, die bei der wegweisenden Beschilderung berücksichtigt werden sollen, liegen bereits beim LBM vor und sollen von den Kommunen bei der Beschilderung genutzt werden. Grundlage für die Beschilderung ist die Radverkehrsnetzplanung: ausgeschildert werden sollen also bereits kartierte und definierte Radwege.

Da Radwege nicht an Ortsgrenzen enden, sind oft alle Akteure betroffen: Die Kommunen im nicht-qualifizierten Straßennetz, der Kreis auf Kreisstraßen und im überörtlichen Radverkehr als Koordinator, und das Land durch den LBM entlang der Landesstraßen. Auf regionaler Ebene muss der Kreis seiner koordinierenden Rolle gerecht werden. Zwar sollten Kostenträger der Beschilderung auch die Baulastträger der genutzten Wege sein, aber in Einzelfällen muss im Sinne einer durchgängigen Beschilderung eine gemeinsame Lösung gefunden werden.

Die „Hinweise zur wegweisenden und touristischen Beschilderung für den Radverkehr in Rheinland-Pfalz“ des LBM werden im Kreis nicht oder nur sehr unzureichend angewandt. Darin wird ein konkreter Ablauf für die Beschilderung vorgeschlagen. Der Kreis muss ein Konzept in Auftrag geben, wie die Beschilderung nach HBR realisiert werden kann. Das Konzept muss in eine Ausschreibung der Beschilderungsleistung münden und die Beschilderung zeitnah realisiert werden.

Bau und Veränderungen der Anlagen nach dem Stand der Technik (ERA)

Eines der Grundproblem der Radwegeführung im Kreis ist, dass der Stand der Technik teils nicht berücksichtigt wurde und wird. So kommt es zu Stellen im Radwegenetz, wo der Radweg in ungeeigneter Weise eine stark befahrene Straße kreuzt oder im Nirgendwo endet. Dabei wurde die Sicht des Radfahrenden nicht berücksichtigt.
Die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA) bieten eine Orientierung dafür, wie Radverkehrsanlagen im Sinne der Radfahrenden gebaut werden müssen. Sie definieren Mindestbreiten für Radwege, beschreiben, wie ein barrierefreier Radweg gebaut sein muss und setzen Standards, wie Radwege an Kreuzungsbereichen geführt werden müssen. Die ERA sind der Stand der Technik und sollten bindend für den Kreis beim Neubau von Radwegen sein. Wir sind darüber hinaus der Überzeugung, dass sukzessive die bestehenden Radwege auf die ERA hin überprüft und angepasst werden müssen.

Durchgängigkeit der Radwege muss hergestellt sein

Eines der Kernprobleme der Radwegeführung im Kreis ist die Durchgängigkeit dieser. In den meisten Fällen enden Radwege an den Ortsgrenzen. Nicht nur die Beschilderung innerorts ist hier das Problem, sondern auch eine durchdachte Führung des Radwegs durch den Ort auf wenig befahrenen Straßen. All das bedarf der Abstimmung zwischen Kommune und Kreis. Auch außerhalb von Ortschaften enden Radwege leider noch allzu oft unvermittelt auf freiem Feld, sodass auch dort eine Weiterfahrt nur auf Landes- oder Kreisstraßen möglich ist. Hier fehlt an den Außengrenzen des Rhein-Pfalz-Kreises in der Regel die Abstimmung mit anderen Landkreisen und Städten, um die Radwege kreisübergreifend durchgängig zu führen. Gerade für Kinder oder ältere Menschen ist all das nicht akzeptabel und damit ein K.O.-Kriterium für den Radverkehr.

Das bestehende Radwegenetz sollte auf die Anforderung der Durchgängigkeit hin überprüft und in einer Arbeitsgruppe von Kommunen und Kreis das Netz sowie die Beschilderung überprüft werden, so dass es für alle Menschen von jung bis alt gleichermaßen sicher nutzbar ist. Wo das Land zuständig ist, muss dieses aktiv durch den Kreis miteinbezogen werden.

Radabstellanlagen an Knotenpunkten

Die Qualität des bestehenden Radwegenetzes im Kreis ist deutlich ausbaufähig. Im Kreis ebenso wenig durchdacht wurde allerdings der stehende Radverkehr. So gibt es zwar an allen Bahnhaltepunkten mittlerweile Abstellanlagen für Räder. Diese sind sogar teils überdacht. Allerdings haben sich auch hier die Anforderungen verändert. Menschen nehmen das Rad als vollwertigen Ersatz zum Auto, um zu Bahnhaltestellen zu kommen. Ungepflegte und nicht überdachte Abstellanlagen entsprechen nicht mehr den Anforderungen. Und an vielen Stellen mangelt es nach wie vor an gepflegten, vor allem sicheren (d.h. beleuchtet und abschließbar) und überdachten Abstellmöglichkeiten in ausreichender Anzahl.

Der Kreis kann, gefördert mit Mitteln aus dem Klimaschutzprogrammen des Bundes, solche Abstellmöglichkeiten schaffen. Dabei ist auch zu prüfen, ob aus Eigenmitteln diese Abstellmöglichkeiten mit Solarpanels versehen werden und abschließbare Abstellmöglichkeiten für E-Bikes geschaffen werden. An diesen mangelt es ebenso im Kreis. Selbst der Bedarf für ein Fahrradparkhaus, bspw. am Bahnhaltepunkt Limburgerhof, ist da. Als Teil eines Radkonzepts im Kreis sollten solche Maßnahmen gemeinsam mit den betroffenen Kommunen geprüft werden. Diese Maßnahmen sollten sich auch im derzeit in Erstellung befindlichen Nahverkehrsplan wiederfinden.

Gemeinsame Nutzung von Radwegen mit der Landwirtschaft

Zahlreiche für den Radverkehr vorgesehene Strecken verlaufen auf landwirtschaftlichen Wirtschaftswegen, welche dementsprechend häufig auch von landwirtschaftlichen Maschinen genutzt werden. Gerade in nassen Jahreszeiten aber ebenso aufgrund der Bewässerung in der Landwirtschaft führt dies häufig dazu, dass die Wege stark verschmutzt und so für Radfahrer nur noch mit hohem Risiko benutzt werden können. Die Routenführung über solche landwirtschaftlich genutzten Wege sollte vermieden werden.

Wo das Radwegenetz aber bereits diese Wege nutzt, müssen klare Verantwortlichkeiten geschaffen werden, wer für die Reinigung der Wege und deren verkehrssicheren Benutzung zuständig ist. Im Regelfall ist dies der Baulastträger, der sich über diese Rolle aber nicht immer bewusst ist. Auch ist die Bereitschaft zur dauerhaften Reinhaltung der Wege nicht immer gegeben. Wir schlagen deshalb vor, dass auch hier der Kreis koordinierend eingreift: Kommunen, Landwirtschaft und Interessensgemeinschaften der Radfahrer sollten koordiniert durch den Kreis eine gemeinsame Lösung für verschmutzte und nicht nutzbare Radwege finden.

Instandhaltung und Winterdienst

Ein bestehendes Radwegenetz bedarf auch einer Instandhaltung. Immer wieder ist der Fahrbahnbelag nicht nur stark verbesserungsbedürftig, sondern weist gravierende, gefährliche Mängel auf. Im Gegensatz zu Straßen findet auf Radwegen, innerorts und außerorts, bisher in der Regel kein Winterdienst statt und auch das Beseitigen von Hindernissen nach Sturmschäden o.Ä. findet, wenn überhaupt, nur mit sehr großem zeitlichem Abstand statt. Um einen ganzjährigen Alltagsradverkehr zu ermöglichen, müssen Radwege mit der gleichen Priorität und Sorgfalt wie Straßen instandgehalten, wenn nötig gereinigt und von Schnee und Eis befreit werden. Für den Unterhalt der Radwege sind die Baulastträger zuständig.

Wo der Kreis hierfür zuständig ist, muss eine Erfassung des Zustands der Radwege durchgeführt werden. Auf dieser Basis muss eine Priorisierung der durchzuführenden Arbeiten geschehen und diese Arbeiten ausgeführt werden.

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